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Die Prairie, die Rinder und der Gestank Von Woodland Park sind es noch 30 Meilen bis Colorado Springs, beim Örtchen Cascade zweigt nach recht der Weg zum Pikes Peak (4703 m) ab - Erinnerungen an Walter Röhrls Gipfelerstürmungen mit dem Audi Quattro bei den Bergrennen in den 80ern werden wach. Aber das wollen wir unserem Bully nicht mehr zumuten. Bei Colorado Springs verlassen wir nun endgültig die Rockys, die Prairie liegt vor uns. 1500 Meilen leicht hügeliges Land und dann noch mal 600 Meilen durch die Appalachen bis zur Küste. Wir biegen auf die I 25 nach Süden ein - und die Hitze hat uns wieder! Wir dachten wir wären ihr entflohen, und waren in den Bergen richtig verwöhnt worden. Umso härter traf uns hier die Hitzewelle, die Rundfunkstationen melden umgerechnet 43°C und auch das in einigen Bezirken schon der Notstand ausgerufen worden ist. Es wird Zeit sich wieder Eisblöcke für den Motor zu besorgen. Zu allem Überfluss spielt mein Körper nicht mehr mit und meint es wäre wohl der rechte Zeitpunkt für eine Magen-und Darm Grippe. So verbringen wir diesen Tag auf einem Rastplatz der Interstate 25 zwischen Colorado Springs und Pueblo immer in Reichweite der Toilette. Nach dem ich unseren ganzen Vorrat am Kohletabletten und Imodium akut bis zum Abend aufgefuttert habe und es mir wieder besser geht, beschließen wir die Nacht durchzufahren. Bei Pueblo biegen wir von der Interstate 25 auf die Staatsstraße 50 nach Osten ab. Wir fahren in die Dämmerung hinein und genießen kühle 30°C und ärgeren und über tausende von Insekten die sich Harakiri-mäßig auf unsere Frontscheibe stürzen. Die Abkühlung der Luft hat sie wohl aktiv gemacht und wir müssen alle 10 min anhalten und die Scheibe freikratzen. Das hört erst bei völliger Dunkelheit auf, und wir fahren auf pottebener Straße dahin. Wir haben wieder umgeschaltet auf „Eiskühlung“ und zuckeln durch die Prairie. Nach etwa 150 Meilen, an der Grenze zu Kansas überfällt uns die Müdigkeit. Wir sind in einem Örtchen namens Coolidge. Mangels Wohmmobilstellplätzen stellen wir uns einfach mitten auf einen Supermarktparkplatz an der Hauptstraße und legen uns aufs Ohr. Da Bullyfahrer die Härtesten sind, bleibe ich auf dem Fahrersitz und döse. Der Verkehr ist gering, nur einige Trucks brausen durch den Ort. Ein leichter angenehm kühler Wind weht, die Temperatur ist auf 25°C zurückgegangen. Nach vielleicht einer Stunde friedlichem Schlaf, fällt mir ein Auto auf, das auf dem Fußweg fährt. Als es näher kommt konnte ich einen Polizeiwagen erkennen. Der Sheriff ist auf seiner nächtlichen Patrouille und kontrolliert die Hauseingänge. Dann sieht er unseren Bully und holpert über die Bordsteine direkt auf uns zu. Ich stelle mich schlafend. Er fährt in einem zehn Meter Kreis um zweimal langsam um uns herum, um dann seine Tour fortzusetzen. In den nächsten Stunden wiederholt sich das Spiel noch mehrmals, ich kann das irgendwie nicht einordnen. Als wir dann später weiterfahren kommt uns der Sheriff freudig aus dem Autofenster winkend auf der Hauptstraße entgegen. Ich glaube er hat wirklich auf uns aufgepasst, ähnliches ist uns später noch ein paar mal passiert wenn wir in der Öffentlichkeit herumstanden. Wir sind also in Kansas und es ist stockduster. Das Kansas die Rinderzucht-Hochburg ist spürten wir bald an den eigenen Nasen. Ein Gestank wie wir ihn noch nie erlebt hatten breitet sich aus. Ein Funke würde bestimmt genügen und das ganze Methan oder sonst was für ein Gas würde explodieren und die Erde aus der Bahn werfen! Nach kurzer Zeit haben wir rasende Kopfschmerzen und das Atmen fällt schwer. Zu allem Überfluss fährt seit einiger Zeit ein Auto hinter uns und überholt nicht, dabei fahren wir nicht schneller als 50 Mph. Als das Auto hinter uns plötzlich aufholt und auf dem Dach bunte Lämpchen leuchten wissen wir was los ist - die Highway Patrol. Wir halten also, wie es sich gehört am Fahrbahnrand rechts an und bleiben im Wagen sitzen. Nach einigen Minuten kommt dann der Officer und fragt nach dem woher und wohin und möchte die Papiere sehen. Die Fahrzeugdaten hat er wohl schon von seinem Auto aus überprüft, er interessiert sich nur für meinen Führerschein und gibt die Daten per Handfunke an seine Zentrale weiter. Eine Menge Kauderwelsch kommt aus der Funke, richtig wach werde ich erst als ich die Worte „Wiesbaden sleeping“ verstand. Saß dort in Germany nicht das BKA (Bundeskriminalamt)? Als er mir die Papiere zurückgibt fragte ich ihn danach. Ja sagt er, es wäre ganz normal und unproblematisch mal eben in Deutschland nachzufragen ob da etwas vorliegt, wenn dort nicht gerade Nacht ist und nicht gearbeitet wird wie eben jetzt gerade. Und bei uns in Deutschland schafft man es nicht einmal ein illegal entsorgtes Auto zuzuordnen! Auf meine Frage wieso er uns angehalten hat sagt er: „Langeweile und weil ihr so langsam gefahren seid“. Ich erkläre ihm, das wir bei schneller Fahrt Probleme mit der Motortemperatur haben und das uns der Gestank zu schaffen macht. Er sage das man sich an den Gestank nach ein paar Tagen gewöhnt, nur wenn man von hier weg fährt muß man vorher seine Wäsche waschen, weil alles nach Gülle riecht. Es war auch so, einige Stunden später nehmen wir den beißenden Gestank nicht mehr war. Bei Sonnenaufgang sehen wir aber die Verursacher, riesige Rinder-KZs, oft Quadratmeilen groß. Die Rinder stenden auf riesigen Flächen und werden durch Fließbänder mit Futter und Wasser von, zentral gelegenen, Silos versorgt. Das erscheint schon fast wie eine Bulettenfabrik. Über dem ganzen wabert eine braune Wolke aus Staub und Rindermist. Aber es werden nicht nur Rinder „angebaut“, unendliche Getreidefelder strecken sich, in leicht hügeliger Landschaft, bis hinter den Horizont. Sogar Öl wird hier gefördert, überall sahen wir die „Pferdekopfpumpen“ vor sich hinnicken. Am Morgen erreichen wir Garden City. Es ist mal wieder Waschtag und wir steuern eine Coin Laundry (Waschcenter) an. Als die Wäsche am rotieren ist, steuere ich den benachbarten Baumarkt an. Ich will die Kühlleistung des Bullys noch verbessern und dafür die Eselsohren (Kühllufteinlässe) erweitern. In vielen Reiseberichten von Weltenbummlern hatte ich davon gelesen, doch waren die Meinungen bezüglich des Wirkungsgrades solcher Bauwerke immer sehr widersprüchlich - also selbst ausprobieren. Im Baumarkt erwerbe ich ein Aluminiumblech von ungefähr 60x30 cm. Bloß wie zuschneiden und befestigen? Die Schere aus dem Nähkasten ersetzt die Blechschere und ein auf dem Kantstein angeschliffener alter Schraubendreher die Bohrmaschine. Blechschrauben sind noch genug vorhanden und nach einigen Minuten hat der Bully Segelohren. Dort vor dem Waschcenter spricht uns auch das erste mal jemand auf das D-Schild am Wagen an - der alte Herr spricht sogar deutsch, denn er war 15 Jahre in Wilhelmshafen bei der US Army. Er sagt, das die ovalen Nationalschilder hier eigentlich unbekannt sind, weil eigentlich niemand mit seinem Auto ins Ausland fahren kann (in Canada und Mexico braucht man sie nicht??). Wir haben das schon geahnt, als wir in Durango im Souvenirladen D-Schilder sahen auf denen in kleiner Schrift „Durango“ unter dem D stand. Auch im Durango selber fuhren viele mit diesem D-Schild herum, die wenigstens wußten wohl was es bedeutet. Unser weiterer Weg führt uns über Cimarron. Das hatten wir doch schon? Kein Ortsname ist hier einzigartig, so lief 40 Meilen südlich auch noch ein Fluß mit gleichem Namen. Dann kommen wir nach Dodge City. Wie alle Ortschaften in dieser Gegend kann man die in Ortsmitte stehenden Silos schon von weitem sehen. Damit die Leute auch wissen wo sie wohnen steht immer in riesigen Lettern der Ortsname darauf. In Dodge City sollte man mal zum Boot Hill (Stiefelhügel) gehen. Ein sehr nett gemachtes Museum mit einer alten Straßenzeile von 1876 und eben einem alten Friedhof (Boot Hill) von 1847. Man erfährt einiges über das Leben der ersten Siedler und das Wirken von Wyatt Earp in dieser Region. Den Nachmittag verbringen wir unter schattigen Bäumen außerhalb der Stadt. Die Hitze macht uns wieder sehr zu schaffen, und wir wollen einfach nur weg von hier. Wir beschließen unsere geplante Reiseroute zu ändern und ungefähr 100 Meilen nach Nordosten zu fahren um auf der Interstate 70 und ab St. Lois auf der I-64 schnell und direkt bis West Virginia zu kommen, dort soll es etwas kühler sein. Goodby Memphis, goodby Atlanta, aber die Gesundheit ging vor! Also fahren wieder in den Abend hinein. Die Bahnlinie läuft direkt neben dem Highway und ein langer Güterzug rattert neben uns daher, da wir mit 45 Mph nur unwesentlich schneller fahren brauchen wir mehr als eine Stunde um den Zug zu überholen! In der Nähe von Great Bend/Kansas übernachten wir wieder auf einem Supermarktparkplatz. Der Markt hat die ganze Nacht hindurch geöffnet und es herrscht reger Einkaufsverkehr. Am nächsten Abend erreichen wir nach 280 Meilen langweiliger Fahrt durch sanft hügeliges, saftig grünes Land (das erste richtige Grün seit langem) Kansas City und die Grenze zu Missouri. Kurioserweise liegt der größte Teil von Kansas City nicht in Kansas sondern in Missouri. 21 Tornados, ein Hurricane und Fluten Kurz hinter Kansas City ziehen wir auf einen KoA-Campground (KoA = Kamping of America, eine große Campingplatzkette). Diese Plätze haben in der Regel einen hohen Standard bei mäßigen Preisen. Wir hören im Radio von Tornados in südlichen Kansas und in Oklahoma. Das das Gebiet nur kurz hinter uns liegt ist das schon ein seltsames Gefühl. Am nächsten Tag durchqueren wir Missouri, wobei wir uns vor St. Lois noch die Orte Hermann und Holstein anschauen. Dieses Gebiet wurde von deutschen Auswanderern 1837 besiedelt und man findet überall noch Hinweise darauf (Deutschheim St. Hist. Site). Vorbei am Grab von Daniel Boone überqueren wir in St. Lois den Mississipi und gelangen nach Illinois. St. Lois, wurde übrigens von Franzosen gegründet und nach ihrem damaligen König benannt, das alles war hier mal französische Kolonie. Nördlich der Stadt fließen die beiden großen Ströme Missouri und Mississipi zusammen. In Illinois fahren wir noch etwa 100 Meilen bis Mt. Vernon und übernachten auf einem Interstate Rastplatz. In Radio hören wir, das Ausläufer eines Hurricans die Küste streifen und starke Niederschläge bringen werden. Am nächsten Tag überqueren wir den Wabash River, zugleich auch die Grenze zu Indiana. Der Fluß ist durch heftige Regenfälle in den letzten Tagen zu einem gigantischem Strom angeschwollen, und die Interstate durchquert auf einem Damm die überfluteten Landstriche. Nach knapp 140 Meilen verlassen wir Indiana bei New Albany, überqueren den Ohio River und gelangen bei Loisville (wieder die Franzosen) in den Bundesstaat Kentucky. Auch der Ohio ist auf ein vielfaches seiner Normalbreite angeschwollen. Es ist noch keine Spur kühler geworden, der Himmel sieht bedrohlich nach Gewitter aus und es ist drückend schwül. Wir wollen angesichts des drohenden Wassers von oben in einem Motel übernachten. Ich habe aus der Tourist-Info an der Staatsgrenze einen Traveller Discount Guide mitgenommen. Diese Hefte findet man überall, in ihnen sind Rabatt-Gutscheine für Motels, Supermärkte, Campingplätze, u.s.w., aber viel wichtiger sind die Landkarten auf der diese Einrichtungen eingezeichnet sind. Wir finden so ein nettes Motel in Frankfort (hat nichts mit unseren Frankfurt zu tun, der Kerl der hier die Furt durch den Kentucky River gefunden hat hieß eben Frank). Am nächsten Morgen entdecken wir in Paris den ersten Aldi Markt. Wir näheren uns durch wunderschöne Parkähnliche Landschaft wieder der Interstate-64 als es über uns hereinbricht. Im Radio haben wir wohl von einer Unwetterwarnung und heavy Thunderstorms gehört aber sind uns nicht sicher für welche Gegend das galt. Der Himmel hat sich inzwischen zugezogen und eine gelblich-schwarzgraue Farbe angenommen, der Wind ist eingeschlafen und die Vögel zwitschern nicht mehr. Als wir diese Sachen aufgenommen haben und gerade darüber nachdenken fängt es an... übergangslos stehen wir in einem Wasserfall, ein Sturm braust und unablässig schlagen die Blitze um uns herum ein. Bis wir die Fenster hochgekurbelt haben sind wir beide pitschnaß. Ich kann den Bully gerade noch am Straßenrand zum stehen bringen, zu sehen ist nämlich nichts mehr. Die Scheibenwischer kämpfen vergeblich gegen die Wassermassen und die Scheiben beschlagen augenblicklich. So stehen wir etwa 10 Minuten und um uns herum bricht die Welt zusammen. Das wir, zusammen mit anderen Autos, in einer Senke stehen war uns nicht geheuer, denn das Wasser gurgelt schon in einer Höhe von 30 cm um uns herum. Also reiben wir die Scheiben gegen den Beschlag von innen mit einem halben Apfel ein und kämpfen uns durch die Fluten. Es ist zwischenzeitlich stockdunkel geworden, der Sturm heult, die Blitze schlagen immer noch im Sekundentakt ein und immer mehr Autos stehen abgesoffen am Straßenrand. Das Wasser wird immer höher und spült schon in den Fußraum und mir kommen erste Zweifel ob der Bully wirklich tiefwatfähig ist. Ich bin in Spanien mit meinem Bully zwar schon durch 70 cm tiefe Fluten gefahren, aber das war mit einem Dieselmotor und ich war mir eigentlich sicher, das man das nicht auf einen Benziner übertragen kann. Aber die Straße führt glücklicherweise bergauf und wir kommen aus den Fluten heraus. In der Nähe der Interstate-Auffahrt von Mount Sterling entdecken wir durch die beschlagenen Scheiben einen Mc Donalds und beschließen dort unsere Füße zu trocknen. Der Parkplatz steht bis zu den hohen Randsteinen unter Wasser, aber das macht uns nichts mehr aus, da wir ja eh schon Nass waren. Das Restaurant ist recht voll und alles starrt gebannt nach draußen. Wir bestellen uns was zu essen und heiße Getränke und sitzen gerade am Tisch, als es laut knallte. Ein Blitz hat die Stromleitung gekappt und wir sitzen im Dunkeln. wenigstens im trockenen dachten wir - aber weit gefehlt, denn nach einigen Minuten fallen mit lautem platschen einige Platten der Deckenverkleidung auf den Boden, gefolgt von einem Wasserschwall. Sofort werden diese Bereiche gesperrt und wir rücken enger zusammen. Nach einer halben Stunde ist der Spuk vorbei, die Leute strömen zu ihren Autos und die Feuerwehr kommt um das Dach zu sichern. Der Laden wird erstmal geschlossen. Die Lufttemperatur ist auf angenehme 250C gefallen und die Luftfeuchtigkeit liegt bei bestimmt 180% (es fühlte sich jedenfalls so an). Wir fahren nur noch ca. 80 Meilen bis Huntington an der Grenze zu West Virginia und gehen dort ins Motel um uns trockenzulegen. Zudem muß ich für den Seetransport des Bullys auch langsam Kontakt mit der Spedition aufnehmen. Im Fernsehen sehen wir, das der Hurrican an der Küste und im Landesinneren schwerste Verwüstungen angerichtet hat. Zu allem Überfluß gibt es im TV noch den Film „Twister“, und der spielt auch noch in der Gegend durch die wir vor drei Tagen noch gefahren waren. Wir sehnen uns so langsam nach dem langweiligen deutschen Wetter! 22 Appalachian Mountains und Blue Ridge Parkway Auf der Staatsstraße 60 geht es durch Charleston in die Alleghenny Mountains einem Ausläufer der Appalachian Mountains. Von der Landschaft her sehr unserem Schwarzwald ähnlich, nur ein bißchen höher. Es gibt hier viele Höhlen und heiße Quellen, auch wird hier in großen Mengen Steinkohle gefördert (die in Deutschland oft in den Kraftwerken verfeuert wird). Müde von der Kurverei in den Bergen ziehen wir im Örtchen Buena Vista in ein Motel. Früh am nächsten Morgen fahren wir hoch zum Blue Ridge Parkway, einer Straße die auf dem Kamm der Appalachian Mountains entlangläuft. Parkways werden vom National Park Service angelegt und führen immer durch landschaftlich sehr schöne Gebiete, es gibt immer viele Rastplätze und Aussichtspunkte an diesen Strecken. Für Trucks sind diese Straßen gesperrt, es sind reine Vergnügungsstraßen ohne Durchgangsverkehr. Der Blue Ridge Parkway ist fast 450 Meilen lang, wir befahren ihn aber nur auf den letzten 110 Meilen nach Norden. Die Straße führt durch dichte Hickorywälder und an den Aussichtspunkten kann man weit über das tieferliegene Land schauen. Vom Ende des Parkways waren es dann nur noch 70 Meilen bis Washington/DC, das wir am späten Nachmittag erreichen. Wir wollen eigentlich nur schnell quer durch die Stadt um zum KoA-Campground 30 Meilen östlich der Stadt im Bundesstaat Maryland zu gelangen. Von dort wollen wir dann am nächsten Tag mit der Bahn wieder zum Sightseeing in die Stadt fahren. Aber erst einmal erwischt uns die Washingtoner Rushour - wir stehen im Stau und und verfrahren und auch noch ordentlich. Gleich hinter dem White House beginnen die Slums, und es sieht so schlimm aus, das wir beten das unser Motor nicht gerade hier wieder aufgibt. Wie sonst in den USA so auch hier - Glanz und Gloria ist immer gepaart mit Elend und Armut. die Gegensätze sind viel krasser als in Europa! Wir erreichen dann Abends den Capitol KoA Campground. Dort werden wir auf der Wiese vor dem Haupthaus mit einen Open Air-Vortag auf das Abenteuer Washington/DC am nächsten Tag vorbereitet. Es gibt eine Dia-Show, eine Menge guter Tips und ein Washington Information-Paket. 23 Capitol City Ein Shuttle-Bus des Campingplatzes bringt uns früh morgens zum Bahnhof nach New Carrolton. Von dort fahren wir noch etwa 20 Meilen mit dem Vorortzug bis ins Zentrum von Washington/DC. Wir kommen in der Union Station heraus, laut Reiseführer der größte Bahnhof der Welt? Ich vermute eher es ist der größte Bahnhof der USA. Aussagen wie größter, höchster, längster, usw. der Welt sollte man hier immer etwas skeptisch gegenüberstehen. wenn etwas das größte der USA ist, dann ist es für die Amis oft gleichzeitig das größte der Welt. Man schaut eben kaum über den Tellerrand hinaus, ein Beispiel dafür ist, das wir im International Press Shop im Bahnhof nicht eine ausländische Zeitung bekommen, dafür Zeitungen aus fast allen US-Bundesstaaten. Wir kaufen uns für 14$ pro Person Tagestickets für die Tourmobile. Das ist eine Buslinie die in Washington auf festen Routen und mit festen Haltestellen durch die touristisch interessanten Regionen fährt. An Bord der oft mit einem oder zwei Anhängern fahrenden Busse ist immer ein. Führer, der die Sehenswürdigkeiten an der Strecke erklärt. Eine tolle Sache, man kann Ein-und Aussteigen wann man will und sich so seine eigene Stadtbesichtigung zusammenstellen. Zuerst machen wir eine ausgedehnte Rundfahrt von der Union Station zum Capitol, weiter an den großen Museen vorbei zum Washington Monument, dann zum Lincoln Memorial und vorbei am White House wieder zum Capitol. Dann fahren wir zum Arlington National Cementery, der im Südwesten gleich auf der anderen Seite des Potomac Rivers auf einem Hügel liegt. Dieser „Heldenfriedhof“ der USA liegt auf den ehemaligen Ländereien der Arlington Plantation, die dem General Robert E. Lee gehörte und von den Nordstaaten im Bürgerkrieg 1861 beschlagnahmt wurde, als Lee für die Südstaaten kämpfte. Das Hauptgebäude Arlington House kann heute besichtigt werden. Die Flagge vor dem Haus weht stets auf Halbmast. Der Friedhof selber ist riesig (die Tourmobile Busse fahren auch hier) und sehr gut gepflegt, er wurde schon 1864 für die gefallenen des Bürgerkriegs angelegt. Überall mahnen Schilder dazu leise zu sein und Andacht zu bewahren, was die Gartenarbeiter aber nicht davon abhält unablässig mit prähistorischen, stinkenden und lärmenden Rasenmähern die Rasenflächen zu bearbeiten. Selbst beim wirklich sehenswerten Wachwechsel am Grabmal des unbekannten Soldaten kennen die Gärtner keine Gnade. Wie so oft in den USA ist es dort wo die Menschen sind oder ihre Technik ist für unsere Begriffe unglaublich laut und nervend. Vom besagtem Grabmal des unbekannten Soldaten hat man einen schönen Ausblick über das Lincoln Memorial bis hin zum Capitol. Wir fahren zurück zum Lincoln Memorial und gehen zu Fuß weiter durch die Innenstadt. Von allen Denkmälern und Gebäuden hat uns das Vietnam Veterans Memorial am meisten erschüttert. Es macht die Sinnlosigkeit und das verbrecherische der Kriege deutlich. Über 55.000 Namen, eingemeißelt in schwarzem Granit, davor stehen und sitzen hunderte, zum großen Teil verkrüppelte, Veteranen die sich Namen von der Wand abschreiben oder einfach nur starr darauf schauen, und über dem ganzen liegt Totenstille. Vorher auf dem Friedhof war ich kein bißchen ergriffen, es war eben ein Friedhof. Diese geballte Menge von Namen auf dieser schlichten 120 m langen schwarzen Wand machen mich echt sprachlos. Noch heute beim Schreiben dieser Zeilen läuft es mir kalt den Rücken herunter. Mit runden Füßen kommen wir spät abends wieder auf dem Campground an. |