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Amish People Mit noch immer brennenden Füßen starteten wir am nächsten Morgen in Richtung Baltimore. Von meinem Shipping Agent hatte ich erfahren das wir den Bully in Dundalk, einem Hafenbezirk von Baltimore verschiffen mußten. Wir wollten uns das jetzt, obwohl wir noch einige Tage Zeit hatten, schon mal anschauen um uns unnötige Sucherei zu ersparen. Wir fanden den angegebenen Terminal auch und kämpften uns danach durch Baltimore in Richtung Nordosten. Unser nächstes Ziel lag 80 Meilen entfernt hieß Lancaster County und lag schon in Pennsylvania. Den Loose Coboose Campground auf dem wir uns für zwei Tage einmieteten kannte ich schon von einer früheren Reise. Das Lancaster County liegt ca. 50 Meilen westlich von Philadelphia und ist Heimat der Amish People, sie wurden vor über 300 Jahren in Europa verfolgt und wanderten in die USA aus. Unter anderem auch in dieses Gebiet. Die Amish gehören zur Glaubensgruppe der Wiedertäufer - d.h. erst mit Mitte zwanzig muß man sich entscheiden ob man getauft werden will oder nicht, erst dann Leben sie nach den strengen Regeln der Glaubensgemeinschaft. Wer sich nicht Taufen läßt muß die Gemeinschaft verlassen. Die Amish lehnen unsre hochtechnisierte Welt ab, sie fahren z.B. nur mit Kutschen und haben auch keinen elektrischen Strom. Trotzdem (oder gerade deshalb) sind sie sehr zufrieden und die Gemeinschaft geht über alles. Wenn z.B. eine neue Scheune gebaut werden soll, dann packen alle Nachbarn mit an. Die leicht hügelige, sehr fruchtbare, Gegend ist durchsetzt von den weisgekalkten Farmhäusern der Amish, die Farmen sehen alle sehr sauber aus und sind in einem, so weit ich das sehen konnte, sehr guten Zustand. die Amish bauen unter anderem viel Tabak an, der in großen Scheunen getrocknet wird. Das Lancaster County wird hier auch Dutch Country genannt. Es sollte wohl eigentlich Deutsch Country heißen, weil die meisten Amish ursprünglich aus Deutschland kamen, aber da für die Amis eben kein Unterschied zwischen Holland und Deutschland besteht heißt es eben Holland Country. Das hat natürlich wiederum oft zur Folge, das die Amisch-Kultur mit der holländischen gemischt dargestellt wird. Man sieht es dann z.B. daran, das man in den zahlreichen Amish-Museen die es hier gibt, auch mal eine waschechte holländische Windmühle, Tulpen und sogar den holländischen Gouda findet. Alles Sachen mit denen die Amish nichts zu tun haben! Wenn man die Leute in den Museen dann darauf anspricht reagieren sie mit Unverständnis, das alles sei doch deutsch! Die Amish sprechen sogar noch deutsch, allerdings ein deutsch wie es hier vor 300 Jahren gesprochen wurde. Innerhalb der Gemeinschaft wird nur dütsch (kommt das Dutch vielleicht daher?) und nur mit Außenstehenden wird Englisch gesprochen. Sie sind allerdings hocherfreut wenn mal jemand deutsch spricht. Sehr zu empfehlen ist The Amish Farm and House, eine gut erhaltene Farm von 1715, die heute ein Museum ist. Strasburg , sechs Meilen westlich unseres Campgrounds, ist eine Hochburg der Eisenbahnfans. Hier ist das Railroad Museum of Pennsylvania beheimatet, hier fährt die Strasburg Railroad Company mit Dampflokomotiven die Touristen durch die Gegend, hier ist das riesige Toy Train Museum und hier gibt es Motels die alte Eisenbahnwagen als Motelzimmer benutzen - kurz: es ist alles auf die Railroad eingestellt. Aber auch Auto-Freaks kommen auf ihre Kosten, findet sich am Ortsrand doch das Gast Classic Motorcars Museum. Wirklich sehr sehenswert, dort steht sogar ein Gogo und ein wunderschöner T2b Kleinbus! Als wir im Ort waren fand auch noch ein großer Kunsthandwerkermarkt statt. Über Langeweile konnten wir hier nicht klagen. 25 Philadelphia Wir verließen das Lancaster County uns siedelten auf einen KoA Campground bei West Chester um, ca. 15 Meilen westlich von Philadelphia. Vom Campground aus wurden geführte Stadtbesichtigungen angeboten, und wir buchten für 45$ pro Person gleich für den nächsten Tag. Mit einem 12-Sitzer Dodge Van starteten wir am Morgen um 8 Uhr. Unser Führer hieß Ken und war Architekturprofessor an der Universität von West Chester. Es führte uns wirklich durch die ganz Philadelphia. Indepence Hall, Freiheitsglocke, Elfreths Alley, Benjamin Franklin House, Strawberry Street - hier soll der Ursprung der Hippy-Bewegung gelegen haben, und an viele interessante Orte, die man sonst nicht zu sehen bekommt. Auf dem Rückweg schauten wir uns noch einige historische Stätten des amerikanischen Befreiungskrieges (um 1776) an. Auch unser Campground lag an einer dieser Gemetzelstätten. Am Brandywine River (ca. 8 m breit) an dessen Ufer wir unserer Zelt und den Bully aufgeschlagen hatten, fand eine der entscheidenden Schlachten statt. 26 Good bye Es wurde nun Zeit sich vom Touristenleben zu verabschieden und zum Speditionsgewerbe zu wechseln. Da der Bully mit einem RoRo-Schiff transportiert werden sollte, mußten wir unsere Sachen, die im Auto bleiben sollten, sichern. Wir mußten also die Fahrerkabine unseres Bullys vom Wohnraum abtrennen. In einem Baumarkt ließen wir uns eine Holzplatte zuschneiden und kauften eine Handvoll Schloßschrauben. Auf einem Parkplatz unweit des Franklin Mint Museums bauten wir unsere „Sicherungen“ ein. Dabei kam natürlich wieder unsere Schraubendreherbohrmaschine zum Einsatz. Am Heckklappenschloß entfernte ich das Mitnehmerblech und an der Schiebetür baute ich den Außengriff aus (ich habe das Loch später mit Silikon verfüllt und ein Klebeband darüber gemacht). Als wir den „Panzerschrank“ soweit präpariert hatten wurde es Zeit unseren, schon in Deutschland gebuchten, Mietwagen am Philadelphia Airport abzuholen. Es war ein kleiner Chrysler Neon. Dann fuhren wir im Konvoi ca. 30 Meilen südwestlich nach Wilmington im Staate Delaware. Dort im Hafen wollte ich einen VW Käfer fotografieren, der in einem Gebüsch eingewachsen war. Ich hatte diesen Käfer bereits 1991 entdeckt und auch 1993 bei der Trabbitour wieder fotografiert. Ich hatte Glück - er war noch da, aber total zugewachsen. Wir hatten jetzt noch ca. 80 Meilen bis zum Hafen nach Baltimore. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke, bei Aikin, quartierten wir uns in einem Motel ein. Wir waren wieder in Maryland. Nun ging erst einmal das große Sortieren los. Was bleibt im Bully - was kommt in die Koffer? Unser Flieger nach Amsterdam ging am nächsten Tag um 19.00 Uhr vom Philadelphia Airport ab. An unserem letzten Tag in den USA brachen wir schon um 6 Uhr morgens auf. Heftige Regenfälle erschwerten die Orientierung, aber wir erreichten das Dundalk Marine Terminal in Baltimore wohlbehalten gegen 9 Uhr. Nun mußten wir den Bully erst einmal auszollen. Nach langem Umherirren fand ich dann das Hafen-Zollbüro, eine kleine Baracke im Schatten einer riesigen Lagerhalle. Der freundliche Beamte erklärte mir, das ich das Auto nicht auszollen könne, da es ja gar nicht im Land sei!!!??? Wenn man vom Ausland mit einem Fahrzeug in die USA kommt muß man es beim Zoll anmelden, auch als Tourist. Etwas ungewohnt für uns Europäer. Da muß man aber von selbst drauf kommen, weil es einem keiner sagt - rein geht anscheinend immer, bloß raus wird schwierig (das mir ja keiner mehr über Europa meckert!). Es gab aber eine Möglichkeit: Ich solle ihm doch sagen das ich erst vor weniger als 24 Stunden mit dem Auto eingereist bin. Gesagt getan, und als er den Bully durchs Fenster sah und mit breitem Lächeln die Papiere abstempelte murmelte er: „Unpossible“. Mit diesen drei Stempeln konnte ich nun ins Speditionsbüro und mich in die Warteschlange der Trucker einreihen. Da die restlichen Unterlagen aus Hamburg schon bereit lagen, dauerte die ganze Sache mit Fahrzeugübergabe nur 15 Minuten. Da stand er nun unser "treuer“ Bully, im strömenden Regen zwischen nagelneuen Ackerschleppern, Trucks und PKWs und wartete darauf zum zweiten Mal den Atlantik zu überqueren. Wir fuhren zurück zum Philadelphia Airport, gaben den Leihwagen zurück. Nach 11 Stunden Flug waren wir dann wieder in Hamburg. 27 VW Bus Museum/Salzgitter Juli 1998 Zwei Wochen später fuhr ich mit einem Freund nach Bremerhafen um den Bully abzuholen. Er war unversehrt, nur das vordere Nummernschild fehlte, das war bestimmt erst hier im Hafen geklaut worden - so etwas klaut in Amiland keiner. Der bundesdeutsche Zoll interessierte sich nicht für den Inhalt des Bullys (immerhin ein großer Haufen Neuteile) und so erreichten wir ohne Probleme unseren Heimatstandort Sieversen. Dort wurde erstmal ausgeladen. Zwei Tage später zog ich den Canadabus mit meinem T2 Dieselbully zum VW Bus Museum nach Salzgitter. Der Canadabus stand dann seit August 1998 in der Weltenbummler-Ausstellung im VW Bus Museum. Im Oktober `98 war er Austellungsfahrzeug im VW Transporterwerk in Hannover. Im September `99 fuhren wir mit ihm zum Jahrestreffen der Interessengemeinschaft T2 in Scheßlitz. Im Februar 2003 fuhren wir anlässlich der Reisemesse im Bully-Corso durch Hamburg. Im Februar 2003 war der Canadabus Ausstellungsfahrzeug auf der Reisemesse Hamburg Nach der unerwarteten, plötzlichen Schließung des VW Bus Museums im Juli 2003 wurde der Canadabus zunächst bei Firma Bully Mamero in Buchholz eingelagert. Ein trockener Stellplatz und die Hoffnung auf die Fortsetzung einer Museumsausstellung war vorhanden. 28 Tschüs und Wiedergeburt Die Hoffnungen auf eine Auferstehung des VW Bus Museums erfüllten sich nicht, die Jahre gingen ins Land... Der fast neue Motor wurde zwischenzeitlich verkauft (er werkelt heute in einem schönen gelben T2 in Bremen) und gegen einen Gebrauchtmotor ersetzt. Mai 2015: Wir mußten den Canadabus aus Platz- und Zeitmangel leider verkaufen. Es wurde vom (seltsamen) Käufer fast sofort weiterverkauft und ging dann anscheinend durch viele Hände mit teilweise deutlichen Preissteigerungen... die Spur verlor sich und war nicht mehr zu verfolgen... Im Mai 2020 meldete sich dann ein stolzer Bullibesitzer aus Schleswig Holstein: Der Canadabus ist restauriert hat jetzt frischen TÜV! Juni 2022: Der Bulli ist mittlerweile an einen bislang unbekannten Besitzer weiterverkauft worden. Falls er sich mal meldet gibt es weitere Infos :-) Wer den Bulli sieht kann ja manl ein Foto senden... Es bleibt Spannend! |
Fotos der Wiedergeburt 2020
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